Die wesentlichen Unterschiede zwischen diesem Vorschlag einerseits und dem EG-Tunnel sowie dem Brenner-Basistunnel andererseits sind die folgenden:
Linienführung
In einem ersten Schritt werden daher die heute schon sehr geradlinig verlaufenden Strecken von München und Augsburg nach Buchloe ausgebaut. Im Bereich des Ballungsraumes München erhält die S-Bahn bis Buchenau eigene Gleise. Es folgt von Buchloe nach Marktoberdorf ein Ausbau der bestehenden Bahnlinie sowie ein Neubau entlang der ortsfern und großzügig trassierten Bundesstraße 12. Von Marktoberdorf bis Füssen wird die bestehende Bahnlinie, die hier durch ein dünn besiedeltes Gebiet verläuft, zweigleisig ausgebaut und begradigt.
Von Füssen aus folgt die neue Bahnlinie der geplanten Autobahntrasse in Richtung Reutte. Im Bereich Reutte werden die zwei neuen Gleise neben die beiden Fahrspuren der Bundesstraße auf die vorhandene, für 4 Fahrspuren vorbereitete Trasse der ursprünglich geplanten Autobahn Ulm - Mailand gelegt. Diese Autobahn soll nach dem erklärten Willen Österreichs nie verwirklicht werden. Die neue Trasse folgt der Bundesstraße an Reutte vorbei und anschließend der bestehenden Bahnstrecke bzw. der Bundesstraße nach Lermoos. Hier erhält die Bahnlinie von Garmisch-Partenkirchen Anschluß an die Neubaustrecke. Von Lermoos nach Nassereith führt die neue Bahn durch einen knapp 7 km langen Tunnel, der aus geologischen Gründen nicht direkt unter dem Fernpaß, sondern wenige Kilometer östlich davon unter dem geologisch günstigeren Wannig verläuft.
Bei Nassereith verzweigt sich die Bahnlinie in einen westlichen und einen östlichen Ast. Der westliche Ast erreicht bei Imst die bestehende Westbahn im Inntal, der östliche Ast wird mit dieser Bahnstrecke in Silz verknüpft. Durch diese Verzweigung können nicht nur die Züge von München nach Landeck und weiter über den Arlberg fahren sowie über Telfs nach Innsbruck gelangen. Vielmehr erhalten auch die Züge von Innsbruck nach Landeck auf 25 km Länge eine neue Trasse, die die enge Inntalschlucht, durch die sich die Westbahn mit engen Kurven entlangwindet, nördlich umgeht.
In einer ersten Ausbaustufe mehr Güterzüge über die alte Brenner-Paßstrecke
Die neue Trasse ermöglicht es, statt heute 100 Züge künftig 250 Züge über die bestehende
Brenner-Paßstrecke zu leiten. Von den 250 Zügen fahren weiterhin 100 wie bisher
über Rosenheim, aber zusätzlich 150 Züge benutzen die neue Zulaufstrecke, davon
120 Güterzüge. Auf diese Weise können im Güterverkehr über die bisherigen 5 Mio.
Tonnen hinaus, die via Rosenheim - Innsbruck über den Brenner auf der Schiene befördert
werden, noch weitere 18 Mio. Tonnen auf dem Weg über Füssen - Fernpaß - Innsbruck
transportiert werden. Damit bekommt die Eisenbahnlinie über den Brennerpaß mit
25 Mio. Tonnen eine Leistungsfähigkeit, wie sie in Kriegszeiten schon einmal erreicht
wurde.
Von Norden kommend bis Reutte ist die neue Zulaufstrecke sehr flach. Um im Bereich des Alpennordkamms aus wirtschaftlichen und fahrgastpsychologischen Gründen sowie zur regionalen Erschließung mit niedrigen Tunnellängen auszukommen, wird die maximale Steigung dieser Strecke mit 2,5% genauso groß wie die der bestehenden Brenner-Paßstrecke. Die Güterzüge erhalten daher schon im bayerischen Voralpenland ihre Vorspann- oder Schiebelok, mit der sie dann sowohl über die Fernpaß-Strecke als auch über den Brennerpaß fahren.
Große Fahrzeitverkürzung
Die Streckenlänge Augsburg - Innsbruck verkürzt sich um gut 50 km, die Fahrzeitreduktion für den Güterverkehr beträgt rund 1 Stunde. Im Personenverkehr verkürzt sich die Fahrzeit München - Innsbruck um 20 bis 30 Minuten, die Fahrt Augsburg - Innsbruck sogar um gut eine Stunde. Noch schneller ist Westtirol (Landeck, Vorarlberg) von München aus erreichbar: es rückt um 2 Stunden näher an die bayerische Landeshauptstadt heran.
Trotz eines Bruchteils der Baukosten Nutzen unvergleichlich höher als beim Brenner-Basistunnel
Vergleicht man allein diesen Baustein für die nördliche Zulaufstrecke mit dem Projekt "Brenner-Basistunnel", so stellt man fest, daß bei nur einem Fünftel der Kosten deutlich größere Fahrzeitgewinne geschaffen werden. Hinzu kommt der große Kapazitätsgewinn durch diese Zulaufstrecke, mit der die bestehende Brenner-Paßstrecke endlich einmal voll genutzt werden kann; mit dem Brenner-Basistunnel kann dagegen kein einziger zusätzlicher Zug verkehren, da der Engpaß nicht die Brenner-Paßstrecke, sondern der nördliche Zulauf ist.
Fernpaß-Route ist der direkteste Weg von Deutschland nach Italien
Von unabhängigen Fachleuten wird die Fernpaß-Route als direktester Weg für die Warentransporte
von Deutschland nach Italien eingestuft. Vergleicht man die für diesen Gütertransit
denkbaren, wenn auch nicht in allen Fällen auf der Schiene realisierten Routen
über den Gotthard, über den Splügen, über den Fernpaß, durch das Unterinntal und
über die Tauern-Achse miteinander, so zeigt sich, daß die Fernpaß-Route für fast
2/3 des Güterverkehrs Deutschland - Italien den kürzesten Weg darstellt. Dagegen
ist die Linienführung durch das Unterinntal nur für 3,6% des Warenverkehrs zwischen
Deutschland und Italien die direkteste Verbindung. Dabei wird in dieser Berechnung
die mögliche Fernpaß-Bahn nur als neue Zulaufstrecke zur Brenner-Strecke zugrunde
gelegt, so daß immer noch eine Umwegführung über Innsbruck - Brixen besteht.
Im folgenden wird gezeigt, daß die Fernpaß-Route hingegen auch eine direkte Fortsetzung
im Güterverkehr nach Süden Richtung Bozen, also ohne Umweg über den Brenner, erhalten
kann und auf diese Weise weitere 75 km Streckenlänge abkürzt. Somit wird die Fernpaß-Trasse
sogar für weit mehr als 2/3 dieses Transit-Güterverkehrs zur kürzesten Route.
Basistunnels unter den Lechtaler und den Ötztaler Alpen
Um das Ziel "Abkürzung des Umwegs und Abflachung der Transalpen-Strecke" zu erreichen,
ist zwischen Reutte und Imst ein 25 km langer Basistunnel unter den Lechtaler
Alpen sowie ein 65 km langer Basistunnel zwischen Imst und Meran unter den Ötztaler
Alpen erforderlich.
Die beiden Basistunnels, die allein dem Güterverkehr vorbehalten bleiben, weisen
Steigungen von nur 7 Promille auf und sind daher voll güterzugtauglich. Größere
Steigungen, wie sie beim EG-Tunnel (10 Promille) und vor allem bei der südlichen
Zulaufstrecke des Brenner-Basistunnels (12 Promille) vorgesehen sind, untergraben
wegen der bei beiden Vorschlägen vorhandenen großen Höhenunterschiede die angestrebte
volle Güterzug-Tauglichkeit.
3700 Meter lange Güterzüge durch eingleisigen Tunnel
Lange Tunnels sind immer sehr teuer und dürfen daher nicht zu groß ausgelegt werden.
Daher sieht dieser Vorschlag für die beiden langen Basistunnels eine weitgehend
eingleisige Strecke vor. Bis zu 5 Güterzüge einschließlich ihrer Lokomotiven
werden pro Stunde in Buchloe (südlich Augsburg, westlich München) bzw. in Verona
gleich zu einem einzigen langen Zug zusammengekoppelt, wie es in Nordamerika oder
in Afrika schon seit vielen Jahren Praxis ist. Es entsteht so ein bis zu 3700
Meter langer Zug mit bis zu 5 gleichmäßig über den Zug verteilten Loks. Statt
einem solchen langen Zug können die 5 Güterzüge auch in sehr kurzem Abstand hintereinander
fahren, so daß sie "Zug-Pulks" bilden.
Dort, wo sich zwei solche langen Güterzüge bzw. zwei Zug-Pulks begegnen, hält der
bergabfahrende Zug (-Pulk) an und läßt den bergauffahrenden Zug bzw. Zug-Pulk vorbei.
Nur in diesen Bereichen müssen die Basistunnels zweigleisig sein.
Streckenverkürzung um 130 km
Die Streckenlänge Augsburg - Bozen (230 km) verkürzt sich gegenüber der bestehenden
Bahnlinie über Rosenheim - Innsbruck (360 km) um 130 km. Die Fahrzeit der Güterzüge
wird um insgesamt 3 Stunden reduziert.
Der Brenner-Basistunnel verkürzt die Streckenlänge Augsburg - Bozen dagegen nur um
rund 20 km und die Fahrzeit lediglich um rund 30 Minuten.
Ausreichende Leistungsfähigkeit bis weit ins nächste Jahrhundert
Ein solcher nur eingleisiger Tunnel mit zweigleisigen Begegnungsabschnitten hat eine
Leistungsfähigkeit von 60 Mio. Gütertonnen pro Jahr. Heute werden über die Brenner-Autobahn
mit dem Lkw 20 Mio. Gütertonnen pro Jahr befördert.
Steigt der Güterverkehr in ferner Zukunft über die genannten 60 Mio. Tonnen, so kann
der nur eingleisige Tunnel sukzessive zweigleisig ausgebaut werden.
Im weiteren Streckenverlauf von Bozen nach Verona ist für den einen langen Güterzug pro Stunde und Richtung kein Ausbau erforderlich, denn bei diesem Betriebskonzept wird die bestehende zweigleisige Strecke nur geringfügig zusätzlich belastet; die Kurvenradien der Bahnlinie Bozen - Verona sind für die Geschwindigkeit im Güterverkehr ohnehin ausreichend.
Aus der Grundkonzeption heraus, einen Tunnel nur für Güterverkehr vorzusehen, ergeben sich wesentliche Vorteile:
Aufgrund der gewählten Linienführung Reutte - Imst - Meran ergeben sich weitere Vorteile:
Der Lech-Tunnel verläuft in einem Bereich, der für die Durchquerung der Nordalpen
optimal ist. So werden nur wenige unterschiedliche Gesteinsarten anzutreffen
sein, vor allem der Hauptdolomit der Lechtaler Alpen (77% der Tunnellänge), Plattenkalk
(8%) und Wettersteinkalk (6%). Es müssen lediglich zwei Bruchzonen in stumpfem Winkel
gekreuzt werden. Sowohl der nördliche Teil des EG-Tunnels als auch ein Tunnel
entlang des Inntales von Innsbruck nach Wörgl würde auf wesentlich komplexere
geologische Strukturen stoßen.
Während die Planer des Brenner-Basistunnels schon froh darüber sind, dieses Bauwerk
einige wenige Kilometer im für den Tunnelbau günstigem Gestein vorantreiben zu
können, liegt der Ötz-Tunnel fast vollständig im Granit und Gneis des Ötztalmassivs.
Die geologisch schwierige Zone "Schneeberger Zug", die der EG-Tunnel auf jeden
Fall durchqueren muß, kann beim Ötz-Tunnel westlich umfahren werden. Im nördlichen
Abschnitt des Ötz-Tunnels kann auch schon auf tunnelbautechnische Erfahrungen
zurückgegriffen werden. So fand man im Pitztal bei Druckstollen für Wasserkraftwerke
ein für den Tunnelbau relativ günstiges Gestein vor.
Mit der neuen nördlichen Zulaufstrecke München bzw. Augsburg - Imst sowie dem Güterzugtunnel Reutte - Imst - Meran besteht für die Güterzüge ein optimaler Verkehrskorridor. Um jedoch auch den Personenverkehr
Eine neue Bahnlinie über den Reschenpaß
Die Brenner-Paßstrecke ist für den modernen Eisenbahn-Personenverkehr zu langsam, und zwar nicht wegen ihrer steilen Trassierung, sondern vielmehr wegen des großen Umwegs über Kufstein - Innsbruck - Franzensfeste und der engen Kurvenradien. Außerdem klafft zwischen der Brennerachse und der Linie über den St. Gotthard eine 200 km breite Lücke im Eisenbahnnetz der Zentralalpen. Wenn über den Neubau einer alpenquerenden Eisenbahnlinie für Personenzüge zwischen Bayern und Italien nachgedacht wird, sollte die neue Strecke
Die großen Steigungen von bis zu 4%, die bei der Fahrt über den Reschenpaß zu überwinden sind, stellen für moderne Hochgeschwindigkeitszüge kein Hindernis dar. In Deutschland werden bereits neue Bahnlinien nur für Personenzüge mit ähnlich großen Steigungen geplant.
Linienführung
Von Imst aus folgt die neue Bahnlinie bis Schönwies (zwischen Imst und Landeck) dem Inntal, verläuft dann durch einen 8 km langen Tunnel an Landeck vorbei und weiter oberirdisch durch das Oberinntal. Hier kann die Trasse zum Teil entlang der Schnellstraße geführt werden, neben der der Platz für zwei Fahrspuren der inzwischen nicht mehr geplanten Autobahn Ulm - Mailand freigehalten wurde. Zwischen Pfunds und Nauders steigt die neue Trasse relativ steil an und folgt danach bis Reschen der fast geradlinigen Bundesstraße. Es schließt sich eine Linienführung am Westufer des Reschensees und östlich am Haidersee vorbei an. Im Bereich der Malser Haide verläuft die Trasse am Westhang entlang - mit einigen eher kurzen Tunnels und mehreren Brücken - bis ins Münstertal.
Die Vintschgaubahn wird über ihre heutige Endstation Mals hinaus ins Münstertal
verlängert und hier mit der Fernpaß-Reschen-Bahn verknüpft. Die heute nur eingleisige
Nebenbahn Mals - Meran wird teilweise zweigleisig ausgebaut und begradigt, in Teilabschnitten
auch neu trassiert.
In Meran mündet diese Bahnlinie in die Strecke Meran - Bozen ein, die als Teil der
Güterzugstrecke Reutte - Bozen ohnedies aus- und neugebaut werden muß.
Alternativ zur beschriebenen Linienführung der Fernpaß-Reschen-Bahn ins Münstertal und zur dortigen Verknüpfung mit der Vintschgaubahn besteht auch die Möglichkeit, die Trasse auf der Ostseite der Malser Haide, nordöstlich von Mals und vorbei an Schluderns in den Talgrund des Etschtals bei Prad zu führen und hier den Übergang zur Vintschgaulinie zu schaffen. Während die Variante durch das Münstertal kurz über Schweizer Territorium verläuft, stellt die Streckenführung über Prad eine rein inneritalienische Streckenführung dar.
Auch Nahverkehrszüge auf der neuen Bahnlinie
Auf der neuen Bahnstrecke sollen nicht nur hochrangige Züge mit Halt in Imst, Münstertal, Meran und Bozen verkehren. Da die neue Personen-Bahnlinie ihre Fahrgäste nur zur Hälfte vom Transitverkehr Deutschland - Italien erhält, sind Nahverkehrs- und Regionalzüge sehr wichtig, um für die Reisenden mit Start- oder Zielpunkt in den Alpen eine moderne Schieneninfrastruktur zu schaffen. Das ist die Voraussetzung für zukunftsweisende Tourismuskonzepte ("sanfter Tourismus"), die die Autos aus den Alpentälern fernhalten, wie dies in der Schweiz in vielen Orten schon Realität ist.
Umsteigeknoten Bahnhof Münstertal oder Bahnhof Reschenpaß
Der Bahnhof "Münstertal" wird zwischen Taufers und Müstair (Münster) an der schweizerisch-italienischen Grenze errichtet und ist ein wichtiger Umsteigeknoten. Von hier aus gabelt sich die neue Bahnlinie in Richtung Vintschgau, wie bereits beschrieben, und - in einer weiteren Baustufe - auch in Richtung Veltlin auf. Neben dieser Streckenverzweigung ist der Bahnhof Münstertal noch der Anknüpfungspunkt für die zukünftige Ofenpaßbahn. Diese von der Schweizer Regierung geplante Zweigstrecke der Rhätischen Bahn soll künftig dem schweizerischen Münstertal eine wintersichere Verbindung in die Zentralschweiz bringen. Zusammen mit der hier vorgestellten neuen Personenbahnlinie ergeben sich so interessante Verkehrsverbindungen von Deutschland nach Graubünden.
Bei der Trassenalternative über Prad ist es sinnvoll, den Umsteigebahnhof am Reschenpaß
zu bauen und statt der beschriebenen Ofenpaßbahn die heute in Scuols endende Linie
der Rhätischen Bahn durch das Inntal über Nauders zum Reschenpaß zu verlängern.
Denkbar wäre es auch, diese neue Strecke statt in Schmalspur gleich in Normalspur
auszuführen und die übrige Trasse von Scuols über den im Bau befindlichen Vereina-Tunnel
bis Landquart ebenfalls auf Normalspur umzustellen. In diesem Fall entsteht
eine attraktive, umsteigefreie und schnelle Verbindung Zürich - Landquart - Reschenpaß
- Meran - Bozen.
Die Straße über den Umbrail-Paß wie auch die Paßstrecke über das Stilfser Joch ist nur im Sommer befahrbar, so daß der Umbrail-Tunnel bzw. der Stilfser-Joch-Tunnel endlich eine wintersichere Verbindung in der für Italien wichtigen Relation Vintschgau - Veltlin schafft, und zwar auch für den Autoverkehr, da dieser Tunnel auch von Autoverladezügen genutzt werden kann.
Am südlichen Tunnelende bei Bormio folgt eine weitgehend oberirdische Strecke durch das Veltlin bis nach Tirano. Hier schließt die neue Alpenbahnlinie an das bestehende elektrische Streckennetz der Italienischen Staatsbahn an. Die eingleisige vorhandene Bahnlinie, die bis zum Nordufer des Comer Sees weitgehend geradlinig ist, kann entsprechend dem steigenden Verkehr sukzessive zweigleisig ausgebaut werden. Hierbei dürfte entlang des Comer Sees, wo das vorhandene Streckengleis enge Kurvenradien aufweist und zahlreiche Fremdenverkehrsorte durchquert, längerfristig eine neue Trasse für den Fernverkehr erforderlich sein.
Zusammen mit dem Abschnitt Imst - Münstertal bzw. Vintschgau und mit der nördlichen Zulaufstrecke München - Imst entsteht so eine neue Eisenbahnverbindung München - Mailand für den Personenverkehr mit den folgenden Merkmalen:
ein paar kurze Stichbahnen in Nord-Süd-Richtung
Kaufbeuren - Füssen
St. Moritz - Scuol (Schmalspurbahn)
Meran - Mals (zur Zeit stillgelegt)
Berninabahn St. Moritz - Tirano (Schmalspurbahn)
Lecco - Tirano
Brescia - Edolo (Lückenschluß Edolo - Tirano erforderlich)
und zwei West-Ost-Linien
Kempten - Reutte - Garmisch-Partenkirchen (stillegungsbedrohte Nebenbahn)
Westbahn Bregenz - Imst - Innsbruck.
Außerdem ist eine Schmalspurbahn von Zernez (Engadin) über den Ofenpaß ins Münstertal
geplant.
Die Fernpaß-Reschen-Bahn bringt nicht nur die fehlende Nord-Süd-Verbindung mit Halt
hochrangiger Züge in Kaufbeuren, Imst, Münstertal bzw. Reschenpaß und Lecco (am
Comer See) sowie optimale Anschlüsse an die beiden West-Ost-Linien, die dadurch
stark aufgewertet werden. Es bietet sich vielmehr an, die genannten Bahnlinien
in den Eurocity-Knoten mit der neuen Nord-Süd-Achse zu verknüpfen. Auf diese Weise
entsteht auch in den Zentralalpen ein echtes Eisenbahn-Netz, das den Bewohnern
und Urlaubern in dieser Region sowie den Transitreisenden zwischen Italien
und Deutschland nützt.
Da die geplante Neubaustrecke Stuttgart - Ulm und auch die Trasse entlang der B 12
oder A 7 ab Kempten nicht für schwere Güterzüge geeignet ist, wird die neue Verbindung
Ulm - Kempten - Marktoberdorf/Füssen überwiegend von Personenzügen befahren.
Die vorhandene Bahnlinie Bozen - Verona durch das Etschtal läßt sich zwar bis Trient für höhere Geschwindigkeiten ausbauen, doch südlich Trient verläuft die heutige Trasse in relativ engen Kurven bis Verona, so daß Hochgeschwindigkeitszüge nur langsam vorankommen. Bedenkt man, daß mit der neuen Linie über den Reschenpaß nach Mailand schon optimale Verbindungen für den Personenverkehr in den Westen der Po-Ebene bestehen, so liegt es nahe, die hochrangigen Personenzüge aus Richtung Münstertal/Vintschgau - Meran - Bozen ab Trient direkt in den Osten der Po-Ebene nach Venedig und Padua fahren zu lassen, und zwar ohne den heutigen zeitraubenden Umweg über Verona. Hierfür muß südlich Trient ein 9 km langer Tunnel ins Val Sugana gebaut werden. Im Anschluß daran wird die bestehende Bahnlinie großzügig begradigt und elektrifiziert. Die Po-Ebene wird bei Bassano del Grappa erreicht, wobei nördlich Bassano noch insgesamt 11 km Tunnelstrecken erforderlich sind, die das in diesem Bereich sehr enge Tal umgehen.
Durch diese weitere Ergänzungsstrecke kann zusammen mit den schon vorgestellten Bausteinen
beispielsweise die Verbindung Ulm - Venedig von heute 700 km auf künftig 520 km
abgekürzt werden. Die Fahrzeit verkürzt sich von heute 8 1/2 Stunden um 5 Stunden
auf künftig 3 1/2 Stunden.
Um diese negativen Folgen zu vermeiden, wird für die Linienführung der Fernpaß-Reschen-Bahn ein völlig neues Konzept zugrundegelegt: Die Trassierung orientiert sich vorneherein am Einsatz von elektrischen Neigezügen, z. B. dem italienischen ETR 470 ("Pendolino"), wie er derzeit für die Schweiz gebaut wird, oder dem deutsch-schwedischen X2000. Bei diesen Zügen neigen sich die Wagenkästen mit Hilfe einer computergesteuerten Hydraulik in engen Gleisbögen zur Kurven-Innenseite, genauso wie ein Motorradfahrer bei rasanter Fahrt. Auf diese Weise können Pendolino und X2000 in Kurven bis zu 40% schneller fahren als die bisherigen "starren" Züge, oder aber die Gleisbögen können für die gleiche Geschwindigkeit entsprechend engere Radien aufweisen als für Züge ohne Neigetechnik.
Kurvenradien für starre Züge und für Neigezüge im Vergleich:
Kurvenradius (in Metern)
150 km/h 850 500
200 km/h 1.500 950
250 km/h 2.400 1.500
300 km/h 3.400 2.100
Wegen der deutlich engeren Kurven und somit der relativ guten Landschaftsanpassung kostet eine Neigezug-Neubaustrecke pro Kilometer deutlich weniger als eine neue Trasse für herkömmliche Züge, wenn man dieselbe Höchstgeschwindigkeit zugrundelegt.
Die vorhandenen Schnellstraßen bei Reutte, im Inntal und im Veltlin sind weitgehend
mit Halbmessern von rund 1.000 Metern und mehr trassiert, so daß die beiden Eisenbahngleise
der Straße exakt folgen können und für die Züge immer noch eine Geschwindigkeit von
200 km/h möglich ist.
Kosten der Bausteine (Preisstand 1990)
(1) Nördliche Zulaufstrecke München/Augsburg
(5) Ausbau Ulm - Kempten - Marktoberdorf
Noch nicht enthalten sind weitere Streckenausbauten der schon vorhandenen Bahnlinien für den zukünftigen schnellen Personenverkehr im Bereich der Poebene (Comer See - Mailand, Bassano - Padua und Bassano - Venedig) für etwa 1 bis 1,5 Mrd. DM.
Rechnet man alle Bausteine zusammen, so erhält man eine Summe von 13 bis 15 Mrd.
DM, die dem unteren Eckwert der Baukosten des Brenner-Basistunnels von 55 km Länge
entspricht. Doch anders als bei dem relativ kurzen Brenner-Tunnel wird bei der
Fernpaß-Reschen-Bahn und dem Lech-/Ötz-Tunnel ein Eisenbahn-Netz mit einer Streckenlänge
von mehreren Hundert Kilometern geschaffen, und zwar mit demselben Investitionsbetrag,
aber mit einem unvergleichlich größeren Nutzen.