Homepage zurück vorwärts Inhalt Stichwörter

Teil II: Lösungsvorschläge



Falsche Lösungsvorschläge
Vorbild Schweiz?
Bahnfahren nicht konkurrenzfähiger durch Kerosin-Steuer
Konkurrenz des Zuges gegen europaweiten Flugverkehr aussichtslos
Ersatz von Kurzstrecken-Flügen durch Züge möglich
Hauptkonkurrent: Autoverkehr
Konkurrenzfähige Preise im Bahnverkehr
Kapitalarmer Fahrweg
Kostengünstigere Züge
Konkurrenzfähige Reisezeiten im Bahnverkehr

weiter mit:

Anhang Tabellen

Falsche Lösungsvorschläge

Bevor jedoch mögliche Lösungen zur Rettung des Schienenpersonenfernverkehrs (abgekürzt: SPFV) vorgestellt werden, sollen zunächst einige Vorschläge und Pläne behandelt werden, mit deren Hilfe die Eisenbahn-Unternehmen selbst oder politische Gruppierungen bislang versuchten, mehr Personen als bisher zum Bahnfahren im Fernverkehr zu animieren. Hierbei handelt es sich im wesentlichen um (1) Tempolimits und Maut auf Autobahnen sowie Halbpreis-Pässe und Integrale Taktfahrpläne bei der Eisenbahn nach Schweizer Vorbild, (2) die Forderung nach einer Besteuerung des Flugzeug-Treibstoffes und (3) das geplante europaweite Netz von Schnellfahrstrecken. Doch diese Vorschläge sind, auch wenn sie zum Teil bereits umgesetzt wurden, alle nicht zielführend, was im folgenden gezeigt wird.

Vorbild Schweiz?

Mit schöner Regelmäßigkeit wird auf die Schweiz als Vorbild verwiesen, um den Marktanteil der Eisenbahn im Personenverkehr zu erhöhen: Wer in der Schweiz eine Autobahn benutzen will, muß zum einen Gebühren bezahlen (Autobahn-Vignette) und darf zum anderen nicht schneller als mit Tempo 120 fahren. Zugleich verkehren fast alle Bahnen und Linienbusse nach einem Integralen Taktfahrplan (abgekürzt: ITF): im Stundentakt mit leicht merkbaren Abfahrtszeiten immer zur selben Minute, häufig sogar im Halbstundentakt. Charakteristisch für den ITF ist, daß alle Züge und Busse in den Knotenbahnhöfen zur gleichen Zeit halten, um minimale Umsteigezeiten zu garantieren. Der größte Teil der Schweizer Bevölkerung besitzt ein Halbtax-Abonnement, das den Preis für Bahnfahrkarten um 50% reduziert. Der angebliche Beweis für den Erfolg dieser Maßnahmen: Jeder Schweizer fährt pro Jahr im Durchschnitt um über 1.000 km mehr mit dem Zug als jeder Deutsche.

Doch bei dieser Argumentation wird entweder vergessen oder sogar bewußt verschwiegen, daß jeder Schweizer im Jahresdurchschnitt um fast 2.000 km mehr mit dem Auto fährt und eine um 2 km länger Strecke mit dem Flugzeug zurücklegt als jeder Deutsche, und das in der viel kleineren Schweiz mit ihren wesentlich kürzeren Entfernungen (siehe Tab. 7). Die Schweizer sind also, wie meist lobend hervorgehoben wird, zwar "Weltmeister im Bahnfahren", aber vermutlich sind sie erst recht "Weltmeister im Autofahren", und dies trotz Autobahn-Gebühren, Tempolimits auf Autobahnen und der meist nie erwähnten Tatsache, daß in der Schweiz viele wichtigen Straßen monatelang wegen Schnee und Eis unpassierbar sind. Und die Schweizer dürften, wenn nicht "Weltmeister", so doch zumindest "Europameister im Fliegen" sein, obwohl ihnen durch Halbtax-Abonnement und ITF das Bahnfahren angeblich so schmackhaft gemacht wird.

Bahnfahren nicht konkurrenzfähiger durch Kerosin-Steuer

Naturschutz-Organisationen und Teile von Bündnis 90 / Die Grünen, aber auch Linke in der SPD und viele Eisenbahn-Freunde, behaupten mit großer Selbstverständlichkeit, daß der Flugverkehr innerhalb von Deutschland und Europa nur deshalb eine so große Rolle spiele und so stürmische Wachstumsraten zeige, weil der Flugzeug-Treibstoff - anders als Benzin und Dieselkraftstoff im Straßen- und Eisenbahnverkehr - nicht besteuert wird. Wenn eine Kerosin-Steuer eingeführt würde, müßten die Fluggesellschaften zwangsläufig die Preise für die Tickets drastisch anheben, so daß Bahn-Fahrkarten, relativ betrachtet, deutlich billiger würden. Dadurch finde endlich eine Verkehrsverlagerung vom Flugzeug hin zum Zug statt.

Richtig ist zweifellos, daß die Besteuerung des Flugzeug-Treibstoffs längst überfällig ist, um endlich eine Gleichbehandlung aller Personen-Verkehrsmittel zu erreichen und um dem defizitären Staatshaushalt eine Einnahmequelle zu eröffnen, die laut Angaben von Robin Wood e.V. jährlich 7 Milliarden DM in die leeren Kasse des Bundes einbringen würde * .

Aber es ist keineswegs zu erwarten, daß durch eine solche Kerosin-Steuer die Flugtickets auf den relativ kurzen Strecken innerhalb von Westeuropa und besonders im innerdeutschen Luftverkehr auch nur um einen einzigen Pfennig teurer werden. Denn die Kosten, die pro Flug anfallen, werden nur zu einem geringen Teil durch den Treibstoff-Verbrauch verursacht. So beträgt der Kostenanteil des Kerosins bei einem durchschnittlichen innereuropäischen Flug nur rund 7%, während beispielsweise Start- und Landegebühren mit rund 24% wesentlich stärker ins Gewicht fallen * . Würde der Flugzeug-Treibstoff mit einer Mineralölsteuer von 200% belegt, was eine Verdreifachung der Treibstoff-Kosten bedeuten würde, so würde der Treibstoff gerade 17% der Kosten eines typischen Fluges in Europa verursachen.

Um diese relativ geringe Kostensteigerung aufzufangen, gibt es mehrere Möglichkeiten, beispielsweise die Abschaffung der kostenlosen Bordverpflegung oder die Absenkung der relativ hohen Start- und Landegebühren auf das deutlich niedrigere Niveau der USA.

Konkurrenz des Zuges gegen europaweiten Flugverkehr aussichtslos

Viele Politiker, nationale Bahnverwaltungen, Hersteller von Zügen und große Baufirmen propagieren, für den schnellen Schienenverkehr ein europaweites Netz zu bauen, das beispielsweise von Paris über Berlin bis Moskau reichen soll. Auch wenn die erwähnte Langzeitprognose * zum gegenteiligen Ergebnis kommt, wird dennoch behauptet, daß mit einem solchen Hochgeschwindigkeits-System der wachsende innereuropäischen Personen-Fernverkehr vom Flugzeug auf den Zug verlagert würde.

Am Beispiel des Teilabschnitts Berlin - Moskau kann gezeigt werden, wie aussichtslos hier der Konkurrenzkampf des TGV oder ICE gegen das Flugzeug wäre: Heute benötigt der Moskwa-Express, der einzige durchgehende Zug pro Tag, für die rund 1.900 km langen Strecke von Berlin nach Moskau 27 Stunden 17 Minuten. Durch den Bau einer Schnellfahrstrecke für durchgehend 300 km/h (Investitionskosten: über 20 Mrd. DM) könnte die Fahrzeit auf rund 8 Stunden verkürzt werden * . Doch schon heute dauert ein Flug zwischen Berlin und Moskau nur 2 Stunden 40 Minuten und ist somit um über 5 Stunden schneller als eine mögliche Fahrt mit dem TGV oder ICE in frühestens 20 Jahren.

Aber selbst ein realitätsnahes Projekt wie die Komplettierung der TGV-Strecke von Paris über Lyon bis Marseille ist äußerst fragwürdig, wenn es darum geht, mit dem Zug gegen das Flugzeug antreten zu wollen. Nach Fertigstellung des noch im Bau befindlichen Abschnitts Lyon - Marseille ("TGV Méditerranée") und der Totalsanierung der TGV-"Altstrecke" Paris - Lyon soll der 750 km lange Schienenweg von Paris Gare-de-Lyon nach Marseille St-Charles mit durchgängig Tempo 300 in nur noch 3 Stunden bewältigt werden. Doch für die rund 650 km lange Luftlinie Paris - Marseille benötigt das Flugzeug nur gut 1 Stunde. Auch bezüglich des Preises wird der TGV vermutlich nicht mithalten können, wenn am 1.4.2000 innerhalb der EU die letzte Stufe der Liberalisierung des Luftverkehrs in Kraft tritt. Das bedeutet, daß dann auch Airlines aus dem Ausland mit deutlich niedrigeren Flugpreisen als bisher den französischen Markt bedienen dürfen, dessen Fluggast-Potential bisher nur zu einem geringen Teil ausgeschöpft wird.

Ersatz von Kurzstrecken-Flügen durch Züge möglich

Ganz anders ist die Marktsituation bei Distanzen bis zu ungefähr 350 km (siehe Tab. 4 im Teil I). So will die Lufthansa ihre Kurzstrecken-Flüge von Düsseldorf, Köln/Bonn und Stuttgart nach Frankfurt (Main) einstellen, sobald die ICE-Strecke Köln - Rhein/Main in Betrieb genommen wird. Dann dauert nämlich die Fahrt beispielsweise von Düsseldorf nach Frankfurt per Zug keineswegs mehr länger als die Flugreise inkl. Anfahrt zum Flughafen, Check-in, Warten, Flug und schließlich Weiterfahrt in die Frankfurter City. Aber auch wer bislang mit einem Zubringer-Flug den Frankfurter Flughafen erreicht, um in ein Langstrecken-Flugzeug umzusteigen, kann zukünftig im ICE nach Frankfurt-Flughafen Fernbahnhof anreisen. Insgesamt werden so pro Tag rund 30 Flüge entfallen, was jedoch die Zahl der Starts und Landungen in Frankfurt bei täglich rund 1.100 Flugbewegungen um nicht einmal 3% verringert. Aber dieser Effekt dürfte deutlicher ausfallen, wenn auch andere Airlines dem Beispiel der Lufthansa folgen und wenn auf weiteren innerdeutschen Relationen die Kurzstrecken-Flüge eingestellt werden. Vor allem wird dann die Zahl der ICE-Fahrgäste im Umkreis von rund 350 km um Frankfurt drastisch ansteigen.

Hauptkonkurrent: Autoverkehr

Ein Blick auf die tatsächlichen Verhältnisse im europäischen Personenverkehrs-Markt zeigt, daß das Flugzeug ohnedies nicht der Hauptkonkurrent für den Zug ist. Denn der Anteil des Flugverkehrs im Verkehrsmarkt der EU ist, bezogen auf das Jahr 1997, mit 6,7% ähnlich klein wie der Anteil der Eisenbahn, der 5,8% beträgt. Auch Bus, Tram und U-Bahn erbringen mit zusammen 9% nur einen geringen Teil der Verkehrsleistungen. Dagegen entfällt der Löwenanteil im Personenverkehr auf das Auto, dessen Marktanteil 1997 bei 78,5% lag * . Da der Autoverkehr schon ab einer Entfernung von 150 km/h bezüglich der Haus-zu-Haus-Reisezeit einem echten Schienen-Schnellverkehr mit Luftlinien-Geschwindigkeiten um 180 km/h unterlegen ist, eröffnen sich hier für den SPFV große Chancen.

Die DB Reise & Touristik favorisiert bislang in ihrem Angebot den ICE-Zug, der in der Regel nur in Großstädten hält, wobei der "ideale" ICE-Haltebahnhof anscheinend in Metropolen mit Verkehrsflughäfen liegt. Dagegen wird der IR-Verkehr, der auch kleinere Städte an den schnellen Schienenverkehr anbindet, eher als "zweite Wahl" betrachtet und sogar immer weiter eingeschränkt. Doch wenn nun der Autoverkehr und nicht mehr der Flugverkehr als Konkurrent gilt, ist eine veränderte Angebots-Strategie im SPFV notwendig: Gleichrangig zum ICE-Verkehr ist ein Zugsystem erforderlich, das mit derselben Qualität (komfortable Waggons, Stundentakt, hohe Geschwindigkeit) gezielt die Räume zwischen den Großstädten erschließt. Dieses Angebot kann beispielsweise weiter den Namen "InterRegio" tragen.

Für ein solches gleichwertiges Zugsystem zusätzlich zum ICE-Angebot sind Hochgeschwindigkeits-Triebwagen mit einem Beschleunigungsvermögen notwendig, das ähnlich hoch wie bei den heutigen S-Bahn-Triebwagen der Baureihe 420 ist. Nur auf diese Weise ist gewährleistet, daß die relativ große Zahl von Zwischenhalten, die zur flächenhaften Erschließung des gesamten Bundesgebietes unverzichtbar ist, nicht zu Fahrzeit-Verlängerungen führt.

Um im Konkurrenzkampf gegen das Auto erfolgreich zu sein und den SPFV vor dem Absturz in die Bedeutungslosigkeit zu retten, müssen die geeigneten Wege bzw. Mittel gewählt werden. Und die richtigen Heilmittel, die nur gemeinsam wirken, heißen "Konkurrenzfähige Preise" und "Konkurrenzfähige Reisezeiten" im Bahnverkehr.

Konkurrenzfähige Preise im Bahnverkehr

Im Teil I war bereits die Ursache genannt worden, weshalb bislang die Preise für das Bahnfahren nicht konkurrenzfähig sind: "Die hohen Fahrpreise der Bahn sind Ausdruck bzw. Folge der hohen Kosten, mit denen die Verkehrsleistungen im SPFV produziert werden. Diese Produktionskosten kommen in erster Linien durch die hohen Fahrwegkosten der Bahn zustande." * Zur Senkung der Fahrpreise ist es also vor allem notwendig, die Kosten der Eisenbahn-Infrastruktur drastisch zu reduzieren. Um im Marktsegment SPFV die erforderlichen Preissenkungen überhaupt durchzusetzen, muß der Wettwerb zwischen mehreren Anbietern möglich werden. Schließlich sind noch Kostensenkungen bei der Beschaffung und beim Betrieb der Züge zu nennen.

Kapitalarmer Fahrweg

Der Schienenverkehr besitzt einen sehr aufwendigen Fahrweg, in dem sehr viel - vermutlich unnötig viel - Kapital gebunden ist. Besonderes Augenmerk gilt hierbei den folgenden Komponenten, die im Straßenverkehr weitgehend und im Luftverkehr völlig fehlen: Tunnels, Talbrücken, tiefe Einschnitte und hohe Dämme, ortsfeste Signale auf relativ hohen Masten sowie Elektrifizierung mit Oberleitungen. Durch innovative Trassierungsprinzipien und die Anwendung des modernsten Stands der Fahrzeug-, Antriebs- und Signaltechnik kann beim Bau neuer Bahnstrecken auf diese kapitalintensiven und somit preistreibenden Bauwerke und Strecken-Ausrüstungen ganz bzw. weitgehend verzichtet werden. Wenn die Sanierung bestehender Bahnlinien, insbesondere der Signalanlagen und Fahrleitungen, erforderlich ist, kann gleich die modernste, kostengünstigere Technik verwendet werden.


Landschafts-angepaßte Trassen
Datenübertragung per Funk statt ortsfeste Signale
Fahrdrahtlose Energieversorgung
Eingleisige Schnellfahrstrecken
Kostensenkung um bis zu Faktor 10 - Voraussetzung für Wettbewerb auf Gleisen

weiter mit:

Kostengünstigere Züge

Landschafts-angepaßte Trassen

Beim Strecken-Neubau lassen sich die kostenintensiven Tunnels, Talbrücken, Einschnitte und Dämme, die für die deutschen Neubaustrecken so charakteristisch sind, auf ein Minimum reduzieren, indem sich die Trasse der Landschaft anpaßt. Dazu ist es notwendig, größere Steigungen und zugleich engere Kurven als bei den bisherigen neuen ICE-Trassen zu realisieren. Steigungen von 4% sind möglich, wenn auf den neuen Bahnlinien keine schweren Güterzüge verkehren, sondern ausschließlich leichte Personenzüge in Form von Triebwagen, die über eine Vielzahl von angetriebenen Achsen verfügen. Sind diese Triebwagenzüge, entsprechend dem heutigen Stand der Technik, mit Neigetechnik ausgerüstet, so können im Vergleich zu herkömmlichen Strecken engere Kurven gebaut werden, ohne daß die Geschwindigkeit gegenüber den bisherigen Starrzügen reduziert werden muß. Selbst für Tempo 300 genügen dann noch Kurven mit einem Radius von rund 2,3 km, während die Schnellfahrstrecken Hannover - Würzburg und Mannheim - Stuttgart, auf denen die starren Züge der 1. und 2. ICE-Generation mit 250 bis maximal 280 km/h verkehren, Kurven mit Mindestradien von 5,1 km aufweisen.

Datenübertragung per Funk statt ortsfeste Signale

Ein wichtiger Kostenblock, der beim heutigen Stand der Technik entbehrlich ist, stellt die Streckenausrüstung mit verkabelten, ortsfesten Signalen und festen Blockabschnitten dar. An die Stelle dieser beim Bau und Unterhalt sehr aufwendigen und zugleich im Betrieb äußerst störanfälligen Signaltechnik tritt der "Funkbasierte Fahrbetrieb", bei dem alle relevanten Informationen per Funk in die Führerstände der Züge übertragen werden * . Diese Datenübertragung per Funk ist zugleich die Voraussetzung für den "wandernden Block", bei welchem sich der nachfolgende Zug allein an der Geschwindigkeit des vorausfahrenden Zuges orientiert, dem er im Bremsweg-Abstand folgen darf. Dieses zeitgemäße Sicherungssystem baut auf computergestützten Berechnungen der jeweils zulässigen Geschwindigkeit und einem ständigen Datenaustausch zwischen Zug und Computer auf und läßt ein Vielfaches an Zügen zu, verglichen mit dem althergebrachten Blocksystem. Die innovative und wirtschaftlich sehr erfolgreiche britische Eisenbahn-Gesellschaft Virgin Rail läßt derzeit ihre Intercity-Strecken zwischen London und Glasgow bzw. Edinburgh mit der genannten funkgestützten Signaltechnik ausrüsten, um die Kapazitäten dieser 2-Gleis-Strecken drastisch zu erhöhen * . Andernfalls müßten diese Strecken eine Vielzahl zusätzlicher Blocksignale erhalten, was hohe Kosten verursachen würde.

Fahrdrahtlose Energieversorgung

Alle Eisenbahn-Schnellfahrstrecken und die meisten sonstigen Bahnmagistralen in Europa zeichnen sich dadurch aus, daß die Gleise mit Fahrdrähten überspannt sind, entlang der Strecke zahlreiche Unterwerke zur Transformation der Strom-Spannung liegen, Hochspannungsleitungen den Strom über große Entfernungen transportieren und Kraftwerke zur Erzeugung des Bahnstroms vorhanden sind. Auf diese umständliche Weise werden die Lokomotiven und Triebwagen mit der Antriebsenergie versorgt. Die hierfür benötigte technische Ausrüstung ist ähnlich kapitalintensiv und störanfällig wie die genannte herkömmliche Signaltechnik. Die Konkurrenten Auto und Flugzeug kommen hingegen ganz ohne eine derartige externe und aufwendige Energieversorgung aus, obwohl sie mit ähnlich hohen und zum Teil sogar wesentlich höheren Geschwindigkeiten als Züge verkehren.


Antrieb mit Gasturbinen
Strom aus Wasserstoff-Brennstoffzellen

weiter mit:

Eingleisige Schnellfahrstrecken

Antrieb mit Gasturbinen

Doch für den Antrieb von Zügen im Hochgeschwindigkeits-Verkehr gibt es eine Alternative, nämlich die Gasturbinen-Technik, die in den USA und Kanada weiter optimiert wird. Denn in beiden nordamerikanischen Ländern will man bei zukünftigen Eisenbahn-Schnellfahrstrecken, die alle relativ geringe Zugzahlen aufweisen werden, die hohe Kapitalbindung durch die Strecken-Elektrifizierung vermeiden. Lediglich die Strecke von Washington über New York bis Boston wurde inzwischen komplett elektrifiziert, da hier im dicht besiedelten Nordost-Korridor eine so hohe Zahl von Zügen verkehrt wie sonst nirgends in Nordamerika.

Sehr wenig bekannt ist im übrigen die Tatsache, daß der französische TGV ursprünglich mit Gasturbinen ausgerüstet und somit fahrdrahtlos betrieben werden sollte. Allerdings wurde nur ein einziger TGV-Prototyp mit dieser Antriebstechnik ausgestattet. Dieser Testzug legte während seines Einsatzes von 1972 bis 1978 eine Gesamtstrecke von über 50.000 km mit einer Geschwindigkeit von mindestens 200 km/h und fast 2.000 km mit 300 km/h und mehr zurück. Allerdings wurde der Serien-TGV dann als herkömmlicher elektrischer Zug gebaut, vermutlich um die großen Überschüsse an Atomstrom aus französischen Kernkraftwerken zu "verheizen".

Strom aus Wasserstoff-Brennstoffzellen

Kurz nach der Jahrtausendwende wird eine zweite Alternative zum herkömmlichen elektrischen Betrieb einsatzreif sein, nämlich Wasserstoff-Brennstoffzellen, welche den Fahrmotoren die benötigte elektrische Energie liefern und sozusagen Kraftwerke im fahrenden Zug darstellen. Damit der Wasserstoff in ausreichender Menge zur Verfügung steht, brauchen die Lokomotiven bzw. Triebwagen entsprechend dimensionierte Tanks, deren Volumen jedoch keineswegs größer als das der heutigen Tanks beim Dieselantrieb sein wird. Mehrere Automobilhersteller, allen voran Daimler-Chrysler und Ford, arbeiten mit Hochdruck an dieser Technologie, die bis 2005 serienmäßig in Pkws eingebaut werden soll. Erste Linienbusse sind bereits mit dieser innovativen Technik im Alltags-Einsatz. Eisenbahn-Gesellschaften in den USA und in Kanada rüsten diesel-elektrische Lokomotiven auf die Energieversorgung mittels Wasserstoff-Brennstoffzellen um. Dagegen scheinen sich die europäischen Bahnen noch nicht in diese Richtung zu bewegen.

Eingleisige Schnellfahrstrecken

Bei schwachem Verkehrsaufkommen, wie beispielswiese auf der ICE-Strecke (Würzburg - ) Rohrbach - Fulda mit nur einem Zug pro Stunde und Richtung, reicht ein Streckengleis vollkommen aus. Die Zugkreuzungen finden hier problemlos in den 2-Gleis-Abschnitten südlich Rohrbach und nördlich Fulda statt, denn beim 1-Stunden-Takt ergibt sich nur alle 30 Minuten eine Zugbegegnug. In diesem Zeitraum legt ein Zug mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 200 km/h genau 100 km zurück, so daß theoretisch alle 100 km ein relativ kurzer 2-Gleis-Abschnitt genügt. Bei einem 30-Minuten-Takt und Tempo 200 wird alle 50 km ein relativ kurzes Stück 2-Gleis-Strecke benötigt, falls sich hier nicht ohnedies ein mehrgleisiger Bahnhof befindet, in welchem die Züge beider Richtungen anhalten.

Kostensenkung um bis zu Faktor 10 - Voraussetzung für Wettbewerb auf Gleisen

Wenn alle genannten Einsparpotentiale beim Bau von Eisenbahnstrecken genutzt werden - landschafts-angepaßte Trassen, keine ortsfesten Signale mehr, fahrdrahtlose Energieversorgung, eingleisige Schnellfahrstrecken -, so können die Investitionskosten, die bisher in Deutschland bei rund 40 Mio DM pro Strecken-Kilometer lagen, auf ca. 4 Mio DM pro km reduziert werden. Ohne also den Nutzen zu schmälern, sind somit Einsparungen um bis zu Faktor 10 möglich * .

Eine derart gravierende Senkung der Fahrwegkosten ist die Voraussetzung dafür, daß die Gebühren für die Trassenbenutzung entsprechend reduziert werden. Dagegen sind bislang - zumindest in Deutschland - die Trassenpreise pro Zug sehr hoch. Dies führt dazu, daß im deutschen SPFV bislang nur Züge der DB Reise & Touristik auf den Gleisen verkehren, die im Besitz von DB Netz sind, aber keine andere Betreiber-Gesellschaft zum Zug kommt. Somit besteht das ursprünglich vorhandene Monopol der DB, das durch die Bahnreform eigentlich abgeschafft werden sollte, im SPFV de facto weiter. Wenn jedoch aufgrund reduzierter Fahrwegkosten und entsprechend niedrigerer Trassenpreise auch andere Anbieter die Chance erhalten, eigene Züge im SPFV einzusetzen, entsteht endlich Konkurrenz auf den Schienen. Als Konsequenz daraus werden die Fahrpreise ähnlich stark fallen wie während der letzten Jahre die Preise für das Telefonieren. Dadurch entsteht in der Bevölkerung ein hoher Anreiz, im Fernverkehr mit dem Zug statt mit dem Auto zu fahren.

Kostengünstigere Züge

Ein weiteres, ungenutztes Einsparpotential besteht bei der Beschaffung und beim Betrieb der Fahrzeuge im SPFV, so daß die Produktionskosten, bezogen auf den einzelnen Sitzplatz, gesenkt werden können. Hierfür gibt es gleich mehrere Ansatzpunkte, nämlich Kauf der Züge bei ausländischen Herstellern, bedarfsgerechte Zuglängen, Fahrpreis-Gestaltung entsprechend den zeitlichen Nachfrage-Schwankungen und Verdopplung der Sitzplatz-Anzahl pro Waggon.


Kauf der Züge bei preisgünstigen ausländischen Herstellern
Bedarfsgerechte Zuglängen
Differenzierte Fahrpreise entsprechend den zeitlichen Nachfrage-Schwankungen
Verdopplung der Sitzplatz-Anzahl pro Waggon

weiter mit:

Konkurrenzfähige Reisezeiten im Bahnverkehr

Kauf der Züge bei preisgünstigen ausländischen Herstellern

Kürzlich wurde bekannt, daß innerhalb der DB AG Überlegungen im Gange sind, nur die fest bestellten 14 Garnituren des Hochgeschwindigkeits-Zuges ICE 3 von den deutschen Firmen ADtranz und Siemens zu beziehen, während die Mehrzahl der ICE-3-Züge bei ausländischen Firmen zu deutlich geringeren Preisen beschafft werden könnte. Diese Diskussion wurde durch die Absicht der beiden deutschen Hersteller ausgelöst, den Verkaufspreis pro Zug drastisch anzuheben. Ohnedies ist bekannt, daß der Preis für den französischen TGV, der von der Firma Alstom in Frankreich gebaut wird, deutlich niedriger ist als der Preis des ICE 1. Beide Beispiele zeigen, daß durch den Kauf von Zügen für den SPFV bei preisgünstigen ausländischen Anbietern die Fahrzeug-Kosten stark reduziert werden können. Bisher war es hingegen in Deutschland üblich, die Schienen-Fahrzeuge im Fernverkehr allein von deutschen Hochpreis-Herstellern zu beziehen.

Bedarfsgerechte Zuglängen

Bei den langen Zugläufen, wie sie im SPFV üblich sind, orientiert sich die Sitzplatz-Kapazität pro Zug meist an dem Streckenabschnitt mit der stärksten Nachfrage. Auf diese Weise wird eine Überfüllung der Züge in den hoch belasteten Teilstrecken vermieden. Doch dieses Verfahren hat den großen Nachteil, daß in den Abschnitten mit geringer Nachfrage der Zug fast leer durch die Gegend fährt. Ein Beispiel für einen Zuglauf mit extrem unterschiedlicher Auslastung bietet die IC-Linie Dresden - Leipzig - Magdeburg - Hannover - Dortmund - Köln - Frankfurt (Main) - Würzburg - Nürnberg - Passau. Die Kosten einer solchen Zugfahrt mit abschnittsweise vielen ungenutzten Sitzplätzen müssen zwangsläufig auf die wenigen Fahrgäste umgelegt werden. Als Alternative bietet es sich an, die Sitzplatz-Kapazität eines Zuges an der Teilstrecke mit der niedrigsten Nachfrage auszurichten. Für Abschnitte mit höherem Fahrgastaufkommen gibt es in diesem Fall mehrere Lösungen: zusätzliche Züge einzusetzen, den betreffenden Zug um mehrere Waggons zu verstärken oder einen weiteren Zugteil anzukuppeln, was bei den ICE-Zügen ab der 2. Generation kein Problem darstellt.

Differenzierte Fahrpreise entsprechend den zeitlichen Nachfrage-Schwankungen

Ähnlich wie im räumlichen Verlauf einer Zugfahrt entstehen auch Nachfrage-Schwankungen im zeitlichen Ablauf. So sind Fernzüge am Morgen und am Spätnachmittag stärker besetzt als um die Mittagszeit und am späten Abend. Am Freitagnachmittag und am Sonntagabend entstehen regelmäßig die größten Auslastungs-Spitzen. Dasselbe gilt beim Beginn und Ende von Schulferien, besonders in den Sommermonaten, sowie vor und nach Feiertagen wie Weihnachten oder Ostern. Dagegen ist die Nachfrage im SPFV während des trüben Monats November am geringsten. Durch eine Staffelung der Fahrpreise entsprechend der unterschiedlichen Nachfrage kann eine eher gleichmäßige Auslastung der Züge erreicht werden, so daß weniger "Geisterzüge" bzw. "Geisterwaggons" verkehren müssen * . Fahrgäste, die an keinen bestimmten Termine gebunden sind, haben dann die Möglichkeit, gezielt zu Billigpreis-Zeiten zu verreisen und somit ihre persönlichen Fahrtkosten stark zu reduzieren.

Insgesamt führt eine differenzierte Preisgestaltung und eine nachfrage-gerechte Bemessung der Kapazität jedes Zuges dazu, daß die durchschnittlichen Kosten pro Sitzplatz sinken, weil die Auslastung steigt. Zu bedenken ist, daß bisher die IC- und ICE-Züge in Deutschland im Durchschnitt lediglich zu rund 50% besetzt sind, während der Auslastungsgrad im Flugverkehr bei 65 bis 75% liegt - auch eine Ursache der niedrigen Flugpreise.

Verdopplung der Sitzplatz-Anzahl pro Waggon

Durch eine Veränderung der Inneneinrichtung von IR-, IC- und ICE-Waggons ist eine ähnlich dichte Bestuhlung möglich, wie sie in Kleinwagen, Reiseomnibussen und Flugzeugen üblich ist. Bekanntlich leiden diese eng-bestuhlten Verkehrsmittel keineswegs unter mangelnder Nachfrage - ganz im Gegenteil. Deshalb ist es durchaus vorstellbar, pro Waggon 26 Sitzreihen mit jeweils 5 Plätzen vorzusehen, wobei sich auf der einen Seite des Mittelgangs 2 und auf der anderen Seite 3 Sitzplätze befinden. Somit ergeben sich je Wagen 130 Plätze. Auf diese Weise kann die Kapazität eines ICE-1-Waggons, die heute in der 2. Klasse bei 66 Plätzen liegt, fast verdoppelt werden. Gegenüber dem heutigen IR-Wagen mit nur 60 Plätzen in der 2. Klasse ist sogar eine Steigerung um 117% möglich. Da die Investitions- und Betriebskosten nicht höher sind als bei einem herkömmlichen Wagen, können die Fahrpreise in etwa halbiert werden. Selbstverständlich sollten weiterhin auch Waggons mit einer großzügigeren Bestuhlung für Fahrgäste der 1. bzw. 2. Klasse und den entsprechenden Fahrpreisen verkehren. Die Wagen mit 130 Plätzen bilden die im Teil I erwähnte 3. Klasse und schaffen ein Niedrigpreis-Angebot für Personen, die sonst ihre Reise mit einem engen, billigen Kleinwagen, Bus oder Flugzeug machen würden und somit als Kunden für den SPFV verloren wären.

Konkurrenzfähige Reisezeiten im Bahnverkehr

Fast so wichtig wie konkurrenzfähige Preise ist das Kriterium "Konkurrenzfähige Reisezeiten im Bahnverkehr". Hiermit ist keineswegs allein die Fahrzeiten zwischen zwei Bahnhöfen des Fernverkehrs gemeint, sondern der gesamte Zeitaufwand vom Startpunkt der Reise bis zum endgültigen Ziel. Diese Haus-zu-Haus-Reisezeit setzt sich zusammen aus der Zeit für den Weg zum Einstiegsbahnhof, der Wartezeit bis zur Abfahrt, der Fahrzeit im Zug sowie der Zeit für den Weg vom Ausstiegsbahnhof zum eigentlichen Reiseziel. Alle diese Reisezeit-Phasen gilt es zu verkürzen.


Kurze Zu- und Abgangszeiten, keine Wartezeiten
Neigezüge als Standard-Fahrzeuge
Anhebung der Geschwindigkeit auf Flachlandstrecken
Flächendeckendes Hochgeschwindigkeits-Netz

weiter mit:

Anhang Tabellen

Kurze Zu- und Abgangszeiten, keine Wartezeiten

Um kurze Zugangszeiten zu den Startbahnhöfen und ebenso kurze Abgangszeiten von den Zielbahnhöfen bis zum endgültigen Reiseziel zu erreichen, ist ein optimaler Zubringer- und Abbringerverkehr durch die Eisenbahn-Unternehmen zu organisieren. Dazu gehört zum einen die Integration von Taxifahrten in die Haus-zu-Haus-Transportkette und zum anderen die bestmögliche Erschließung der Fernbahnhöfe durch Buslinien, Trambahnen, U-Bahnen, S-Bahnen, Nahverkehrszüge oder Regionalzüge. Da die genannten Öffentlichen Nahverkehrsmittel in den Ballungszentren nach einem dichten Fahrplantakt verkehren, entstehen hier beim Übergang zum Eisenbahn-Fernverkehr kaum Zeitverluste. Doch außerhalb der Zentren und insbesondere in ländlichen Räumen ist eine optimale Vernetzung von Fern - und Nahverkehr durch den bereits beschriebenen Integralen Taktfahrplan notwendig, der zumindest jede Stunde kurze Umsteigezeiten garantiert.

Eine solche nahtlose Transportkette von Haus zu Haus ist eine wichtige Voraussetzung dafür, daß keine nennenswerten Wartezeiten entstehen, die als besonders unangenehm empfunden werden. Eine zweite Voraussetzung, um Wartezeiten zu vermeiden, besteht darin, daß alle Reisenden über die Abfahrtszeiten der Züge im Startbahnhof und - falls notwendig - über die Abfahrtszeiten aller Zubringer-Verkehrsmittel umfassend informiert sind. Um diesen Informationsstand tatsächlich zu erreichen, benötigt jeder Haushalt in Deutschland einen kostenlosen Fahrplan, der alle Zugabfahrten "seines" Bahnhofs enthält.

Neigezüge als Standard-Fahrzeuge

Züge mit Gleisbogenabhängiger Wagenkastensteuerung, besser bekannt als "Neigezüge", bilden inzwischen den Stand der Technik. Indem sich die Wagenkästen zur Kurveninnenseite hin neigen, können solche Züge in engen Kurven bei gleichem Fahrkomfort mit einer um 30 bis 40% höheren Geschwindigkeit als die herkömmlichen, starren Züge fahren. Neigezüge werden inzwischen mit über 200 km/h bis maximal 250 km/h in Italien, Schweden, Finnland und ab Herbst 1999 auch in den USA eingesetzt. In Deutschland verkehrt inzwischen der ICE-T, dessen Höchstgeschwindigkeit allerdings auf 230 km/h begrenzt ist. Der ICE 3, der ab 2000 zum Einsatz kommen und Tempo 300 erreichen soll, verfügt zwar nicht über die Gleisbogenabhängige Wagenkastensteuerung, aber es besteht die Option zum nachträglichen Einbau dieser innovativen Technik.

Man kann davon ausgehen, daß die Neigetechnik bis 2020 der Standard bei allen Zügen des SPFV sein wird. Auf den vorhandenen deutschen Schnellfahrstrecken werden dadurch noch einmal drastische Fahrzeit-Gewinne erzielt. So kann beispielsweise die Fahrzeit Frankfurt Hbf - Kassel-Wilhelmshöhe, die vor Beginn der Sanierungsarbeiten an der "Neubau"-Strecke Fulda - Kassel bei 80 Minuten lag und heute 84 Minuten beträgt, durch ICE-3-Neigezüge auf 55 Minuten reduziert werden - ideal für den ITF. Voraussetzung hierfür ist allerdings die Komplettierung der noch fehlenden Schnellfahr-Abschnitte zwischen Frankfurt und Fulda.

Anhebung der Geschwindigkeit auf Flachlandstrecken

Auf den geradlinigen Hauptstrecken in der norddeutschen Tiefebene, im Münsterland, im Ruhrgebiet, am Oberrhein sowie im süddeutschen Flachland ist die Geschwindigkeit der Züge meist auf 160 km/h und auf einigen sog. Ausbaustrecken auf 200 km/h beschränkt. Dieses Tempolimit ist angesichts der fast kurvenlosen Trassierung nicht zu rechtfertigen. Allerdings verlangen bestimmte Vorschriften diese Geschwindigkeits-Obergrenze auf bestehenden, modernisierten Strecken, da hier der Abstand zwischen zwei Streckengleisen, von Gleismitte zu Gleismitte gerechnet, "nur" 4,00 m beträgt. Erst bei einem größeren Gleisabstand, wie er auf den deutschen Neubaustrecken mit 4,70 m gegeben ist, darf die Geschwindigkeit mehr als 200 km/h betragen.

In Großbritannien haben die Streckengleise einen Gleismitten-Abstand von 3,42 m. Dieser enge Gleisabstand wurde selbst dann nicht vergrößert, als auf der Strecke London - Edinburgh der Intercity-Verkehr mit einer Maximalgeschwindigkeit von 225 km/h aufgenommen wurde. Da die Waggons des hier verkehrenden Intercity 225 eine Breite von 2,73 m haben, bleibt bei der Begegnung zweier Hochgeschwindigkeits-Züge nur noch ein Zwischenraum von 69 cm übrig, was in England aus aerodynamischen Gründen für ausreichend erachtet wird. In Deutschland dagegen, wo die Breite der Mittelwagen des ICE 1 und ICE 2 bei 3,02 m liegt, entsteht bei der Begegnung zweier Züge bei einem Gleisabstand von 4,00 m ein relativ großer Zwischenraum von 98 cm, der also um 29 cm breiter ist als beim britischen Schnellverkehr. Dennoch ist in Deutschland auf derartigen Bahnstrecken nur Tempo 200 zulässig.

Realistischerweise ist davon auszugehen, daß überall dieselben aerodynamischen Gesetze gelten, so daß auch in Deutschland ein Abstand von 69 cm für zwei Züge ausreicht, die sich mit jeweils Tempo 225 begegnen. Deshalb müßte es eigentlich auf deutschen Altstrecken möglich sein, angesichts des wesentlich größeren Zwischenraums bei zwei sich begegnenden ICE-Zügen die Geschwindigkeit bis 250 km/h zu erhöhen, sofern der Gleisabstand 4,00 m beträgt. Somit kann auf einer zusätzlichen Länge von Tausenden von Kilometern ein echter Hochgeschwindigkeits-Verkehr stattfinden (siehe Abb. 3).

schiene99-abb3.gif (23k)

Flächendeckendes Hochgeschwindigkeits-Netz

In den Korridoren mit hohem Potential für den SPFV, aber ungünstig trassierten Bahnlinien, beispielweise in den Räumen Heilbronn und Gera/Zwickau/Chemnitz, sowie in mehreren deutschen Urlaubsgebieten, ist der Neubau von Strecken unumgänglich. Zusammen mit den bereits bestehenden Schnellfahrstrecken und den genannten Flachlandstrecken, die für Tempo 250 zu ertüchtigen sind, ergibt sich so ein flächendeckendes Hochgeschwindigkeits-Netz für den Schienenverkehr, das mit dem längst vorhandenen Hochgeschwindigkeits-System des Autoverkehrs endlich wettbewerbsfähig ist. Dieses deutschland-weite Schnellfahrnetz der Eisenbahn ist in Abb. 3 dargestellt.

Wenn auch in den übrigen EU-Staaten und in der Schweiz ein ähnlich dichtes Netz für echten Schienen-Hochgeschwindigkeits-Verkehr entsteht, kann der SPFV seinen Marktanteil auf Kosten des bislang dominierenden Autoverkehrs stark ausweiten und somit zu einem bedeutenden Verkehrsträger werden. Bleibt es jedoch bei der bisherigen Verkehrspolitik und bei der jetzigen Strategie der meisten Eisenbahn-Unternehmen in Europa, nur einige wenige, aber extrem teure Schnellfahrstrecken zu bauen, dann ist der SPFV vor dem endgültigen Absturz in die Bedeutungslosigkeit nicht mehr zu retten.

Homepage vorwärts Inhalt Stichwörter